Franziska Böhler – I’m a Nurse [Rezension]
Um gleich das wichtigste vorweg zu nehmen – große Leseempfehlung und das aus mehreren Gründen.
Inhalt / Klappentext
Franziska Böhler, Krankenschwester aus Überzeugung, schildert in bewegenden Fallgeschichten den Stationsalltag im Krankenhaus und macht deutlich, wie sehr Patienten und Personal unter profitorientierten Strukturen leiden.
Sie hat sich für Nachtdienste und Wochenendschichten entschieden, für viel Arbeit und noch mehr Verantwortung, für einen Job, der sie fordert – ihr Herz und ihren Verstand. Nicht entschieden hat sie sich für Dienste in ständiger Unterbesetzung, für Bedingungen, die Pflege und Medizin gefährlich und unmenschlich machen. Und doch finden sich Pflegekräfte immer öfter in dieser Situation: Sie arbeiten in einem Gesundheitssystem, das längst selbst dringend Hilfe braucht.
Meine Meinung
„Kennengelernt“ habe ich Franziska Böhler aka @thefabulousfranzi auf Instagram während der Frühphase der Coronapandemie. Dort klärte sie sachlich und geduldig auf, in einer Zeit, in der viele Panik verbreitet haben und viele Halb- und Unwahrheiten kursierten.
Aber das Buch „I’m a nurse“ hat eigentlich nichts mit Corona zu tun. Durch Corona rückte lediglich ein schon lange bestehender Notstand in den Fokus – leider ist das inzwischen aber schon fast wieder vergessen.
Zum Inhalt: Franziska Böhler und Parka Kubsova nehmen den Leser mit durch den kompletten Zyklus der medizinischen Versorgung. Von der Geburt, über die Kinderkrankenstationen, usw. bis hin zum Alter und Sterben.
Teilweise wird aus eigener Erfahrung erzählt, teils sind es Nachrichten/Berichte von anderen Schwestern und Betroffenen.
Das Buch kann man ohne Unterbrechung lesen, da es einerseits informativ und dennoch andererseits einfach zu lesen ist.
Mir hat das Buch für viele Probleme die Augen geöffnet und hat mich schockiert. Ich dachte eigentlich, ich wäre gut informiert über die Situation in Krankenhäusern, dem war aber nicht so. Vieles bleibt für den normalen Patienten / Angehörigen im Dunkeln, deshalb fehlt auch oft das Verständnis für die Pfleger und Krankenschwestern. Hinzu kommt, dass wir ja (hoffentlich) nicht oft Kontakt zu einem Krankenhaus haben.
Mir hat besonders gut gefallen, dass das Buch nie anklagend ist, sondern sehr sachlich informiert. Sachlich ist eventuell das falsche Wort, denn das Buch und die Geschichten sind emotional. Ich musste mehrere Male wirklich die Tränen runterschlucken.
Was ich aus dem Buch noch mitgenommen habe: Es ist – egal wie alt man ist – extrem wichtig, eine rechtssichere und klar formulierte Patientenverfügung zu haben. Ich habe meine schon vor einigen Jahren geschrieben und mit meiner Familie darüber gesprochen. Das ist extrem wichtig, auch wenn es unangenehm ist. Denn liegt keine solche Verfügung vor, können Ärzte und Schwestern nicht so handeln, wie man es sich eventuell gewünscht hätte.
Fazit
I’m a Nurse ist ein sehr persönliches Plädoyer für einen Beruf, der viel zu wenig Beachtung findet und eine Schilderung unseres Krankenhausalltags in Deutschland, welche uns nachdenklich stimmen sollte.
Ich kann nur noch einmal wiederholten: Bitte lest dieses Buch! Das Thema ist so wichtig und ist so wenig in unserem Bewusstsein – aber es betrifft uns alle!
Mehr zum Buch
I’m a nurse ist im Heyne Verlag erschienen. Es hat 256 Seiten und kostet als Taschenbuch EUR 12,99 – link zum Buch bei Thalia*
4 Comments
TheReal Kaisu
Irgendwie bin ich bei dir hängen geblieben XD
Zu dem Buch hatte ich bisher keine Kritik gelesen, daher war das jetzt ganz informativ und es landet auch mal auf der Wunschliste.
Das mit der Patientenverfügung ist mir seit 4 Jahren bekannt (dank eines Vorfalls im privaten Umfeld) und trotzdem habe ich bis heute keine Abgeschlossen *asche auf mein haupt * :/
Vera
Das freut mich – ich kann das Buch wirklich jedem ans Herz legen (gerade in der aktuellen Situation). Liebe Grüsse Vera
Eva
Immer wieder habe ich großen Respekt und Bewunderung für alle, die in der Pflege arbeiten. Erschreckend, dass ihre Arbeit in unserer Gesellschaft trotzdem so wenig Wert erfährt, die Bezahlung und die Zustände auch nach unseren Erfahrungen durch die Pandemie miserabel sind.
LG
Eva
Elena
Hallo Vera,
vermutlich sollten das Buch noch viel mehr Menschen lesen. Zumindest wenn ich so lese, dass manche das Personal einfach von einer Station zur anderen verschieben wollen usw. Ich bin ja sehr gespannt, ob und was sich nach Corona in der Pflege tun wird, um einen Massenexodus zu verhindern.
Viele Grüße
Elena